Plinio Corrêa de Oliveira

 

 

Das Verhalten der Menschen zur Fatimabotschaft

 

 

 

Aus einem Vortrag am 13. Oktober 1970.

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Heute, der 13. Oktober, ist der Tag der sechsten Erscheinung der Muttergottes in Fatima. Manche Themen sind uns so familiär und liegen uns so nah am Herzen und schon so oft haben wir darüber gesprochen, dass wir über sie eigentlich nicht mehr viel zu sagen haben. Trotzdem wäre es absurd, wenn der 13. Oktober vorüber gehen würde, ohne dass wir unsere Aufmerksamkeit einen Augenblick dem Thema Fatima widmen.

Deshalb werde ich diesmal nicht die Botschaft der Muttergottes kommentieren, sondern eher die Haltung und Einstellung der Welt zu dieser Botschaft.

 

* Die Muttergottes dokumentiert ihre Botschaft auf zwei Arten:

1. Sie beauftragt total unfähige Hirtenkinder, ihre Botschaft zu verbreiten.

Analysieren wir den konkreten Fall: Die Muttergottes erscheint in Fatima und übermittelt diesen drei Kindern eine Botschaft. Sie dokumentiert deren Echtheit in doppelter Weise.

Zunächst vertraut sie diese Botschaft Hirtenkindern an, die ganz unfähig sind, von sich selbst zu verstehen, was sie ihnen sagt und Dinge wiederholen, die durchaus Sinn machen. Es ist ja leicht zu verstehen, wie Kinder, die in einem entlegensten Bergwinkel Portugals oder in irgendeinen ähnlichen Ort auf der Welt leben, ungebildet sein können.

Es waren dermaßen ungebildete Kinder, die noch nicht einmal wussten, was ein Papst ist. Als sie immer wiederholten, man solle dem Papst dies oder jenes übermitteln, fragte eines von ihnen: „Aber, was ist denn der Papst?“ Sie wussten es nicht, wiederholten aber immer genau und richtig das Wort Papst.

Dann berichteten sie auch wiederholt Sachen im richtigen Zusammenhang — lange und komplexe Botschaften — und widersprachen sich nicht, selbst wenn sie unter Druck gesetzt wurden oder sich den brutalen Fragen in Polizeigewahrsam Rede und Antwort stehen mussten. Sie beharrten immer auf dieselben Antworten und Behauptungen.

2. Sie bewirkte das Sonnenwunder vor der versammelten Menschenmenge.

Auf der anderen Seite wirkte die Muttergottes ein Wunder, das den dort versammelten Menschen und selbst Menschen, die sich weit entfernt vom Erscheinungsort befanden, zeigte, dass etwas übernatürliches geschehen war. Das war der bekannte Tanz der Sonne, die farbige Lichtstrahlen verbreitete. Dies alles wurde von Menschen bestätigt, die weit von Fatima wohnten und gar nicht wussten, dass dies ein Zusammenhang mit einer Muttergotteserscheinung hatte.

Es gab also Wunder, die die Erscheinung dokumentierten. Doch was mich sehr aufmerksam machte über die Art, wie die Welt diese Ereignisse zur Kenntnis nahm, ist nicht nur ihre Ungläubigkeit gegenüber diesen Geschehnissen, sondern etwas anderes: In den vielen guten Büchern, über Fatima kann ich mich nicht erinnern, folgenden Kommentar gelesen zu haben: Dass die Botschaft an sich, unabhängig von allen außergewöhnlichen und wunderartigen Begleiterscheinungen, nur durch ihren reinen Inhalt alle Gründe besaß, um anzunehmen, sie sei wahrhaftig und echt.

Denn theologisch gesehen, musste ja ungefähr so etwas geschehen. Das heißt, die damalige Welt war mit Gewissheit schon in eine Situation der schweren Sünde verfallen.

Wer nur ein wenig den Katechismus kennt, ein wenig über Sitten Bescheid weiß, der konnte nicht daran zweifeln, dass sich die Welt in einem Zustand der schweren Sünden befand und dass dieser Prozess der Sünde eine so große Dynamik entwickelte, als dass man ahnen konnte, wohin er führen würde.

Es war als sicher, dass die Sünde sich zu einem Höhepunkt hin bewegte und, die Strafe ebenso einen Höhenpunkt erreichen würde. Es ist also theologisch gesehen, selbst nach elementaren theologischen Überlegungen, schon eindeutig, dass man die Gewissheit bekam: Wenn die Menschheit sich nicht bekehrt, müsse eine Strafe auf sie herabkommen.

Es wäre auch natürlich, dass der Kommunismus diese Strafe sein würde, denn da er ist der letzte Auswuchs der Sünde und die Sünde ruft die Strafe des Sünders hervor. Es wäre ja folgerichtig, dass der Kommunismus die Geißel der Welt sein würde.

Mit ein wenig Geschichtstheologie also, hätte man diese wunderbare Folgerung  sehen können, dass die Botschaft, die diese Kinder wiedergaben, eine war, die ganz dem entsprach, was ein echter Glaubensmensch, ein Analytiker, mit einigen Grundkenntnissen der Geschehnisse der damaligen Zeit, hätte folgern müssen.

Ich erinnere mich nicht, dieses Argument in irgendeinem Buch gelesen zu haben, obwohl es doch sehr klar und deutlich ist.

Zum besseren Verständnis werde ich mich einer technischen Sprache bedienen: für die Botschaft von Fatima gibt es innerliche und äußerliche Beweise. 

* Die Verbundenheit der innerlichen und äußerlichen Beweise der Botschaft bescheinigen ihre Wahrhaftigkeit

Die äußerlichen Beweise der Botschaft sind Dinge, die nicht direkt die Botschaft betreffen. Zum Beispiel: 1. Obwohl die drei Hirtenkinder ungebildet waren, gab es bei ihren vielen Aussagen keine Widersprüche. 2. Alle drei hielten immer und zu jeder Zeit die Echtheit der Botschaft mit Überzeugung aufrecht; selbst wenn sie mit dem Tod bedroht wurden, um die erhaltene Botschaft zu widerrufen, blieben sie standhaft; 3. Jacinta sagte ihren eigenen Tod voraus, wie er dann auch wirklich eintrat. Das sind alles äußerliche Merkmale der Botschaft, die in ihrem Wortlaut nicht vorkommen, beweisen aber deren Echtheit.

Andere äußerliche Ereignisse bestätigen ebenfalls die Echtheit der Botschaft, wie zum Beispiel das Sonnenwunder und andere Begleitmerkmale.

Das sind die äußerlichen Beweise. Wenn wir nun den Inhalt der Botschaft, ihren Sinn und ihre Bedeutung analysieren, dann haben wir die innerlichen Beweise, das heißt, die Botschaft an sich und nicht all ihre Begleitmerkmale.

Analysieren wir also den Inhalt der Botschaft, müssen wir folgendes in Betracht ziehen: Die Kinder gaben etwas weiter, was sie von der Muttergottes gehört hatten, doch etwas, was ein gläubiger Mensch, mit einer tieferen Sicht der Weltereignisse, ebenfalls denken müsste.

Wer die damalige Lage der Welt kannte und sie mit den Vorgaben des Glaubens analysieren würde, der käme zu der Schlussfolgerung, dass die Ereignisse sich so entwickeln würden, wie sie in der Botschaft beschrieben sind,  wozu aber die Kinder überhaupt nicht fähig waren, sie zu erfinden.

Hier ist also der Punkt: die Kinder gaben eine in sich weise und wahrhaftige Mitteilung weiter, von einer Weisheit und einem Inhaltsreichtum, die bei weitem ihre Fähigkeit übertraf, ihre eigene Umgebung theologisch-kritisch zu betrachten. Das heißt, die Botschaft war in sich, in ihrem Wesen echt und wahrhaftig.

Wer also in der damaligen Zeit die Welt im Lichte meines Buches Revolution und Gegenrevolution betrachtete, würde sehen, dass der Abfall der Menschen zu diesem exakten Punkt hinführen würde, zumindest was den schmerzlichsten Teil der Botschaft betrifft, der Ankündigung der Strafen.

Die Botschaft beinhaltet Strafandrohungen und weist dann auf eine Lösung hin.

Ich sagte also, dass ich mich nicht erinnern kann, dass jemand dieses Argument der innerlichen Wahrhaftigkeit der Botschaft angeführt hätte. Ich möchte gleich noch auf folgende Frage eine Antwort geben: „Was bedeutet das Schweigen der Kommentatoren unter diesem Aspekt?“

* Die Mittel, auf die die Muttergottes hinweist, um den in der Botschaft vorhergesagten Strafen zu entgehen: Buße und Weihe an sie

Bevor ich über die Kommentatoren spreche, möchte ich einen anderen Aspekt der Botschaft beleuchten. Wenn wir die Botschaft auf das Gerüst reduzieren, auf das sie sich aufbaut, besteht sie in: 1. einer theologischen Beschreibung mit den Augen des Glaubens der Sünden der damaligen Zeit; 2. einer Ankündigung einer Strafe; 3. einem Hinweis auf die Mittel, um der Strafe zu entgehen. Dies sind die drei Elemente der Botschaft.

Was die Mittel zur Vermeidung der Strafe betrifft, ist die Botschaft sehr deutlich, und vernünftig für jeden, der Glauben hat, denn das erste, um was die Botschaft bittet, ist Buße. Das zweite ist die Weihe an die Muttergottes.

Analysieren wir zunächst im Lichte des Glaubens die Mittel, um die Strafe zu verhindern. Wenn jemand seiner Sünden wegen bestraft werden soll, besteht die Abwendung der Strafe zu allererst in der Vermeidung der Sünde. Das ist klar und bedarf keiner weiteren Erklärung.

Wenn also die Welt bestraft werden und noch größere Strafen erleiden soll wegen der in der Fatimabotschaft beschriebenen Sünden, besteht die Abwendung der Strafe in der Aufgabe der Sünden und in der Umkehr. Das ist ebenfalls klar.

Nun die zweite Bedingung: die Weihe der Welt an Maria.

Es ist einleuchtend, dass es für denjenigen, der gesündigt hat und eine Strafe verdient, nicht ausreicht, sich zu ändern, denn er kann die Strafe trotzdem noch bekommen. Es ist etwa so wie ein Schüler, der seinen Lehrer beleidigt hat, der Lehrer aber nicht sofort zur Strafe greift, sondern erst zwei Tage später. Der Schüler kann nicht sagen, dass er sich doch in den letzten Tagen gut betragen hat. Denn der Lehrer wird ihm sagen: „Ich hatte meine Gründe, dich an jenem Tag nicht zu bestrafen, jetzt aber bekommst du die verdiente Strafe nachgezahlt, denn du hast gesündigt.“

Das heißt, eine Änderung kann erreichen, dass die Strafe nicht härter wird. Sie kann auch, durch die Barmherzigkeit Gottes, Gott dazu verleiten, nicht zu bestrafen. Von sich aus bewirkt aber eine Besserung nicht die Aufhebung der Strafe. Dazu ist ein Akt der Barmherzigkeit nötig.

Wer kann aber Barmherzigkeit erfahren, wenn er nicht die Mutter der Barmherzigkeit anfleht, die ausgesprochene Pforte der Barmherzigkeit? Maria ist die eigentliche Pforte der Barmherzigkeit, die Pforte des Himmels. Es ist also höchst theologisch, dass Gott der Welt gesagt hat: hört auf zu sündigen und sucht Zuflucht bei meiner Mutter, dass die Muttergottes der Welt gesagt hat: hört auf zu sündigen und kommt zu mir, ich werde euch die Aufhebung der Strafe erreichen.

Auf welche Weise Zuflucht suchen? „Indem ihr euch mir weiht. Vereint euch mit mir, gebt euch ganz mir und ich werde die Strafe aussetzen.“  Es gibt nichts Vernünftigeres als dies. Die Botschaft hat also alle Voraussetzungen eines großen Katechismus oder selbst eines Traktates der Theologie, dermaßen entspricht sie der Vernunft.

Wir können uns nicht vorstellen, dass sehr ungebildete Kinder mit ihren Fantasien so vernünftige Gedankengänge von sich geben könnten. Das beweist also auch, dass die Botschaft von ihrem Wesen her echt ist.

Was aber meine Aufmerksamkeit anregt, ist vor allem der Teil der Botschaft, der sich auf die Strafe bezieht. So viel ich mich erinnere, hüllen sich die Kommentatoren darüber im Schweigen. Warum? Weil die Menschheit sich schwer tat mit dem Teil der Botschaft über Schuld und Strafe. Die Menschheit empfing die Botschaft von Fatima mit Hochmut. Die Botschaft verlangte jedoch ein Akt der Demut, verlangte von den Menschen damals und heute, dass sie bekennen: „Wir haben gesündigt, wir sind schlecht gewandelt.“

Da also die Botschaft von den Menschen eine Umkehr verlangte und die Herz- und Sittenlosigkeit, in die sie verfallen waren, zu verlassen forderte,  konnte sich die Menschheit mit dieser Botschaft nicht anfreunden. So gab es weltweit eine globale Ablehnung der Fatimabotschaft.

* Die Hierarchie verschloss die Ohren für die Prophezeiungen von Fatima

Diese Ablehnung stellen wir zuallererst in der Kirchenhierarchie fest. Sie hätte diese Botschaft weit und breit predigen sollen.

Wie wirkt sich hier die Strafe aus? Indem wir sehen, wie sich unzählbare Mitglieder der katholischen Hierarchie vor dem Kommunismus passiv verhalten; wie eine weitere beträchtliche Anzahl von Geistlichen gar den Vormarsch des Kommunismus begünstigt; und wie sich  ein kleiner aber beachtlicher Teil der Hierarchie aktiv dafür einsetzt, um den Kommunismus hier und da einzuführen. Und das ist schrecklich: Die Hierarchie verschloss die Ohren für die Voraussagen oder die Prophezeiungen von Fatima und das Ergebnis ist, dass sie so tief gefallen ist und selbst Teil der Strafe ist. Die Hierarchie, die zum Heil der Menschen da ist, wird zur Strafe der Völker. Die Sünde der Gleichgültigkeit wird den Menschen zum Verhängnis. Es ist erschütternd!

* Die weltlichen Klassen

Die weltlichen Klassen, die die Menschen besonders zur Sünde führten, waren zwei:

Erstens die Intelligenzija und zweitens das reiche Bürgertum, die Bourgeoisie, durch ihr schlechtes Beispiel im Lebenswandel und im Gebrauch des Geldes, das sie zur Verbreitung der Werke der schlechten Intellektuellen zur Verfügung stellte.

Es war die Verbundenheit dieser zwei Stände: Revolution in den Tendenzen, das reiche Bürgertum; Revolution in den Ideen, die Intelligenzija. Diese beiden Strömungen führten die Welt in die Sünde.

Was geschieht? Das Bürgertum und die Intellektuellen ergeben sich mehr und mehr dem Kommunismus. In großer Zahl verwandelten sie sich selbst in die bevorstehende Strafe, die sie nicht haben sehen wollen.

Das Gedankengut fast aller Intellektuellen, wenn sie nicht Kommunisten sind, favorisiert doch in einer oder anderer Weise den Kommunismus und führt hin zum Kommunismus. Und da haben wir die Klasse der Intellektuellen als die Vollführer der Strafe, die sie selbst nicht haben sehen wollen.

Über das Bürgertum brauche ich gar nicht zu sprechen. Es leidet an der Strafe, indem es selbst das Bein des Stuhles durchsägt, auf dem es sitzt, und Reste des Sessels gegen die schleudert, die es eigentlich retten wollen.

Es ist ein wahrer Greuel. Es sind solche furchtbare Greuel, die schlimmer sind als blind, taub, stumm, behindert oder alles andere zu werden, weil es eine Blindheit, eine Taubheit, eine Behinderung des Geistes ist.

Da haben wir nun diese fürchterliche Situation: Diejenigen, die zum Führen und zum Retten eingesetzt worden sind, führen und retten nicht mehr, sondern führen in die Irre und vernichten ihre eigenen Interessen. 

* Der Geist der Botschaft von Fatima wurde mit Lauheit empfangen

Betrachten wir nun die Masse der Menschheit: es ist auch wahr, dass die Masse der Menschen, selbst unter den Gläubigen, die Botschaft von Fatima mit Lauheit empfangen hat. Den Beweis dafür sehen wir an den wenigen Fatima geweihten Kirchen, an den Fatimastatuen und an den Fatimagebetbüchern. Wir stellen eine Ablehnung fest. Warum diese Ablehnung? Hochmut!

Die Menschen wollten nicht einsehen, dass sie gesündigt hatten. Sie klopften nicht an die Brust und wollten nicht einsehen, dass sie gestraft werden konnten. Als die Strafe kam, erkannten sie nicht, dass es eine Strafe war und straften letztlich sich selbst. Sie wurden zu Vollstrecker der eigenen Strafe, ihre eigenen Henker.

Nebenbei möchte ich auch das ganze Kapitel um das dritte Geheimnis, das die Muttergottes den Hirtenkindern geoffenbart hat und 1962 preisgegeben werden sollte. Man sagt es sei verschwunden, so dass ein Papst, selbst wenn er es wollte, könnte er es gar nicht veröffentlichen. Und dabei bleibt es. (Anm. des Übersetzers: das war der Stand der Dinge im Jahr 1970)

Das ist mein Kommentar wie die Welt die Fatimabotschaft empfangen hat.

Jemand könnte einwenden: „Aber die Botschaft von Fatima ist ja nicht nur dies, sondern sie spricht ja auch über die Bekehrung Russlands und auf der anderen Seite, dass Russland seine Irrtümer über die Welt verbreiten wird.“

Das ist einer der schönsten Aspekte der Botschaft: als die Kinder sie weitergaben, war das Zarentum noch nicht gestürzt, das heißt, es handelte sich wirklich um eine Prophezeiung; sie prophezeiten, dass Russland einem Irrtum verfallen und diesen über die ganze Welt verbreiten würde.

Es ist eindeutig, dass es sich nicht um den griechisch-schismatischen Irrtum handelte, einen toten und fossilen Irrtum. Welcher Irrtum könnte es nur sein? Der Irrtum des Kommunismus.

Plinio Corrêa de Oliveira zum 100. Geburtstag


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