Stalins Tod (+ 5. März 1953)

Plinio Corrêa de Oliveira

Letzte Augenblicke eines Gottlosen
im Gegensatz zu denen eines Glaubensmannes

Heute haben wir ein Thema, das man fast als „den Tagesteufel“ bezeichnen könnte anstatt den Tagesheiligen, denn es geht um die Agonie und Tod Stalins.

Der Text stammt aus dem Bekenntnis von Swetlana Alelujewna, Stalins Tochter, aus dem Buch „Zwanzig Briefe und ein Freund“, übernommen aus „Notizen und Informationen“ von „O Estado de São Paulo“ vom 4. März 1973.

„Seine Atmung wurde immer schwerer. In den letzten zwölf Stunden wurde deutlich, dass der Sauerstoffmangel zunahm.

Das Gesicht verdunkelte sich allmählich und veränderte sich; seine Gesichtszüge wurden unkenntlich, seine Lippen wurden schwarz. In den letzten ein oder zwei Stunden ist er einfach erstickt. Eine schreckliche Qual! Unter aller Augen wurde ein Mensch erdrosselt.

In einem bestimmten Moment – ich weiß nicht, ob es wirklich so war oder ob es mir offenbar im letzten Moment so vorkam – öffnete er plötzlich seine Augen und richtete sie auf alle, die um ihn herum waren. Es war ein schrecklicher Blick! Vielleicht verrückt, vielleicht wütend und voller Schrecken, angesichts des Todes und angesichts der unbekannten Gesichter der Ärzte, die sich über ihn neigten.

Und sein Blick glitt für den Bruchteil einer Minute über jeden hinweg. Auf einmal – es war eine unverständliche und schreckliche Sache, die ich heute noch nicht verstehe, die ich aber nicht vergessen kann – auf einmal hob er spontan seinen linken Arm, der nicht gelähmt war, in die Luft und damit zeigte er nach oben, oder vielleicht drohte er uns alle.

Die Geste blieb unverständlich, war jedoch voller Drohung und man weiß nicht, an wen sie gerichtet war. Im nächsten Augenblick, nachdem sie ihre letzte Anstrengung unternommen hatte, löste sich die Seele vom Körper.“

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Die Erzählung ist sehr gut. Ich behaupte, dass bestimmte sehr gut gemachte Erzählungen mehr wert sind als ein Film oder mehr als eine Fotodokumentation, weil die Person im Film oder in der Fotodokumentation viele gleichzeitige Eindrücke hat, diese aber nicht immer auswählen kann, um diejenigen hervorzuheben, die wirklich am wichtigsten und gelegen sind.

In diesem speziellen Fall ist das Bild der Erzählung voller Ausdrücke, die man sich vorstellen kann. Stellen wir uns die Weiten des Kremls vor Augen, einer geheimnisvollen Festung mitten in Moskau, vollständig ummauert und umgeben; in ihr spielt sich ein weiteres Drama ab und dieses Mal ist es der Tod des Diktators. Und der Diktator ist der ausschweifende Mann – Stalin – der im Sterben liegt.

Es ist das unvermeidliche Spiel der Krankheit oder Vergiftung, das einen gewissen Höhepunkt erreicht und Erschütterndes, Zerreißendes hervorruft: die Seele trennt sich vom Körper. Er ist machtlos, aber er ist ein mächtiger Organismus, der gegen den Tod kämpft.

* Ein Tod weit entfernt von der Gnade Gottes, wo nichts eine Idee von Religion gibt; ein Verbrecher, der in das Zuchthaus der Schöpfung, in die Hölle, geschickt wird

Der Tod wirft ihn also nieder, aber mit einer Reaktion, einer Art wilder Wut, dieser Art biologischer und psychologischer Kraft – um ein beliebiges Adjektiv zu verwenden – sozusagen einer vorsintflutlicher Kraft, die er in sich hatte, wird alles auseinandergerissen, aber er reagiert, und er wird fast zum Ungestüm, zu einer größeren Widerstandskraft, als klar wird, dass die Todesstöße ihn zu Fall bringen.

Es ist mehr oder weniger wie ein riesiger Baum, dessen wahren Durchmesser wir erst berechnen können, wenn der Holzfäller die Basis des Baumes öffnet und von innen erkennt, wie kolossal der Baum war. So fällt dieser Mensch.

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Die Hölle, von Fra Angelico

Doch man sieht, dass er weit entfernt von Gottes Gnade stirbt. Es gibt nichts, was die Idee der Religion veräußerlicht. Sein ganzes Leben war das Leben eines Atheisten und Verfechters des Atheismus. Von einem Mensch also, der, wenn er auch heimlich noch an Gott glaubte, Gott so beleidigte, dass man annehmen kann, er sei in die Sünde der Verzweiflung geraten, wenn nicht in die innere Sünde der Verleugnung der Existenz Gottes verfallen ist.

Und deshalb stirbt er mit Hass und in Verzweiflung. Die Natur keucht, sie reagiert, die Luft geht aus, er fühlt sich von allen Seiten angegriffen.

In einem bestimmten Moment wird ihm klar, in welcher Situation er sich befindet, und er, der in seinem Leben nichts anderes getan hat, als durch den Terror zu regieren, getrieben von der Macht des Hasses, öffnet seine Augen – und vielleicht ohne zu merken, was in ihm gerade vorgeht, vielleicht hält er sich für vergiftet, vielleicht für das Opfer einer Verschwörung – öffnet er die Augen, blickt mit einem schrecklichen Blick auf alle Anwesenden und fühlt sich verwirrt, das er besiegt wurde,  und versucht zu reagieren.

Er hebt drohend den Arm, den er noch bewegen kann; weil es das Einzige war, was er noch tun konnte. Kurz darauf ruft Gott seine Seele zum Gericht. Der Arm fällt und er ist nichts weiter als eine Leiche.

Der Mann, der sein ganzes Leben lang gehasst und der sein ganzes Leben lang mit Brutalität regiert hatte, dieser Mann beugt sich, dieser Mann bricht, dieser Mann bricht zusammen. Dann ist da noch die Ruhe der Leiche. Jemand, der diese Szenen mit den Augen des Glaubens zu interpretieren weiß, wird sagen, dass nur eines übrig bleibt: Es ist Gottes Sieg.

Der Mann hat alles getan, dann war es vorbei. Als Gott beschloss, ihn zu rufen, war es ihm nicht möglich, sein Leben auch nur eine Minute zu verlängern. Er lag völlig am Boden zerstört da. Als Leiche war er nichts mehr, hatte nichts mehr, konnte nichts mehr. Er war erledigt.

Die Sinnlosigkeit der Revolte, die Sinnlosigkeit des Atheismus, die Sinnlosigkeit des Hasses, all dies manifestierte sich in diesem extremen Moment, weil Gott völlig siegte und er wie jeder andere vor Gottes Gericht stand. Wie jede kleine Seele, arm und unbedeutend, ohne Persönlichkeit, elend – erschien er vor dem Thron Gottes, er, der in mancher Hinsicht ein Riese war.

Aber vor Gott ist alles so klein, so nichts! Und er, der Verbrecher, wurde in diesen Mülleimer und in dieses Zuchthaus der Schöpfung geschickt, dass die Hölle ist! Während irgendeine kleine Seele, klein und unbedeutend zum Schoß Gottes gebracht wird, um Gott für alle Ewigkeit anzubeten… Nun war Schluss mit der Geschichte. Es war das Ende des Hasses und die Nutzlosigkeit des Hasses.

Nun am Rande des gesamten Schöpfungsplans gestellt, für nichts mehr berücksichtigt, abgelehnt, verachtet, ging er vom Zimmer des Kreml direkt in die Hölle, wo die höllische Sarabande beginnt.

* Den Hass Gottes zu spüren ist unvergleichlich schrecklicher als zu sterben. Damit endet die Macht derer, die Gott herausfordern

Weil die in die Hölle geschickte Seele, sobald sie vor Gott erscheint, diese schreckliche Qual erleidet – denn die Stunde der Zerreißung muss etwas schreckliches  sein, wenn die Seele vom Körper getrennt wird. Es muss etwas schreckliches sein! Wenn das Abschneiden eines Fingers schon so schrecklich ist, können wir uns vorstellen, wie es ist, wenn die Seele vom Körper getrennt wird!

Eine Person voller Hass auf Gott erscheint vor Gott; sie spürt den Hass Gottes. Und den Hass Gottes zu spüren ist unvergleichlich schrecklicher als zu sterben. Verurteilt, fällt sie in die Hölle. Sie stürzt in die Hölle und spürt sofort das Feuer, das sie verbrennen wird und das nie erlöschen wird, das ewige Gelächter, die ewige Misshandlung, die ewigen Beleidigungen, die ewige Schande jedes Einzelnen, der sich dort befindet!

So wird die böse Seele dort empfangen. Während Seelen, die in den Himmel kommen, mit einem Konzert der Harmonie empfangen werden, gehen böse Seelen in die Hölle und werden in dieser finsteren Aggression von allen, mit verzweifeltem Gelächter, Spott, Schrecken und Zerrissenheit empfangen.

Wir wissen, dass die heilige Teresa von Jesus ihren Platz in der Hölle sah; und sie beschreibt die Orte in der Hölle als sehr heiße glühende Öfen, die in Reihe angeordnet sind, wie Waben, und für jeden gibt es eine Wabe, in die die Person nicht hinein passt, sie wird zusammengefaltet, in einer schrecklichen Position, hineingelegt und dort bleibt sie für alle Ewigkeit in Dunkelheit und brennend in völliger Verzweiflung.

Also stürzt er vom Kreml, von der Spitze der Macht, bis hin zur Zerstörung aller Macht und zur völligen Vernichtung. Eine letzte Blasphemie, ein höchster Akt des Hasses, sofort gefolgt von Bestrafung. Er ist niedergeschmettert, zerstört und es ist alles vorbei. Damit endet die Macht derer, die Gott herausfordern.

* Wie schrecklich auch der Tod eines Katholiken sein mag, hat er die Vorstellung, dass er der Verherrlichung, der Apotheose entgegengeht

Ist das ein Kommentar wert? Ich denke, es lohnt sich. Den Unterschied vom Tod eines Katholiken zu sehen, wie schrecklich dieser Tod auch sei. Wenn er bei Bewusstsein und klarem Verstand stirbt – es handelt sich nicht um einen plötzlichen Tod –, wird er sich, solange er Glauben hat, daran erinnern, dass er sich allmählich von einem sterblichen Körper löst, der ein Gerippe ist, das ihn zusammenhält und der ihn daran hindert, Gott zu schauen, und dass in noch einer Minute, noch einer halben Minute, noch zehn Sekunden, er einen gewaltigen Schock erleben wird, aber er wird vor der Glückseligkeit stehen und er wird in ein endloses, vollkommenes Glück eingehen; er wird Gott in seiner unaussprechlichen Vollkommenheit sehen; Gleichzeitig wird er alle Seelen im Himmel sehen, angefangen bei Unserer Lieben Frau, alle Engel, er wird das himmlische Paradies sehen, das unvergleichlich höher, schöner und edler ist als das irdische Paradies; und er wird dort Freuden haben, die kein Ende und keine mögliche Beschreibung haben.

So dass, während er geht, merkt er, dass der Tod ihn erledigt, aber er hat nicht die Idee, dass er einer Demütigung zugeht. Er hat die Vorstellung, dass er einer Verherrlichung zugeht. Dort wird er seine Ruhmeskrone erhalten.

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Unter diesen Umständen ist der Tod dieses Menschen der Weg zu dem, was man Apotheose nennen könnte. Im letzten Schrecken ist es der Moment, in dem alle Schrecken enden und bald darauf eine glückliche Ewigkeit beginnt. Der Mensch spürt, wie in einem Spritzer, der ihn überkommt, die Liebe Gottes, die ihn völlig umhüllt, die ihn zu sich zieht, die in ihm alles wiederherstellt, was das Leben an Wunden, Schmerzen usw. gelegt hat und was versetzt ihn in unaussprechliches Glück.

Einen Eindruck davon können wir auch aus den Visionen der Mystiker gewinnen. Alle Mystiker beschreiben Ekstasezustände als Zustände endlosen, unergründlichen Glücks. Auch wenn es nur Minuten, Augenblicke sind. Unaussprechliches Glück. Der Mystiker auf dieser Erde hat nur flüchtig und, wie ich glaube, meistens sehr unvollständig, was der Himmel ist, wie die Seele, die Gott von Angesicht zu Angesicht sieht. Für den Mystikers wird der Tod in dieser Form dargestellt.

* Angesichts der „unheilbaren Schandtaten der Jahre“ sagt der Mann des Glaubens: „Ich gehe meiner Auferstehung entgegen“

Erst neulich habe ich ein Kommentar von einer Dame gehört, die alt, abgemagert und mit einem hageren Gesicht, ohne Grund Samba tanzte. Dann habe ich erfahren, dass sie einen Teil des Gesichtes verbarg, weil sie es deprimierend fand solch ein Makel zu haben.

Und es erinnerte mich an den französischen Ausdruck „des années l’irreparable outrage“ – die nicht wiedergutzumachende Verhöhnung der Jahre. Es ist wirklich eine Verhöhnung, die niemandem auffällt: Das Alter empört den Menschen Schritt für Schritt, und das ist sogar im Rolandslied der Fall: In Karls strahlendem Alter voller Leben gibt es eine Episode, in der Karl der Große vorschlägt, Roland im Kampfe zu helfen, und ein Verräter sagt: „Siehst du nicht, o Kaiser, dass du wieder in die Kindheit gefallen bist und nicht mehr richtig denken kannst? Siehst du nicht, dass es nicht mehr an der Zeit ist, sich um deinen Neffen zu kümmern?“ Es ist eine Verhöhnung, so etwas zu hören. Aber der Mann, der Glauben hat, die Frau, die Glauben hat, würde das alles sehen, würde die Abzehrung seines Körpers sehen, aber sie würden sagen: „Ich gehe meiner Auferstehung entgegen. Diejenigen, die zurückbleiben, gehen dem Alter entgegen. Ich gehe der Auferstehung entgegen.“

Es bildet sich die Reihe. Wo geht man hin? Man wird zu einer Leiche, eine Leiche ist Staub, Staub ist Auferstehung. Wir schauen auf unseren eigenen Körper und sagen. „Mein Fleisch wird auferstehen! Und es wird zur ewigen Glückseligkeit auferstehen!“

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Links der hl. Aloysius von Gonzaga (9.3.1568 – 21.6.1591),
rechts Georges Clemenceau (Französischer Staatsmann, 1841-1929)

* Clemenceau und der hl. Aloysius von Gonzaga

Ein Stalin! Wir können uns vorstellen, wie der Kamin im Kreml brennt, wie er noch gesund am Kamin sitzt, über sein Reich nachdenkt und über das Feuer nachdenkt. Wie wird das andere Feuer sein? Dann blickte er auf seine Hand und dachte: Auch dieses Fleisch wird wieder auferstehen, um ewig verbrannt zu werden! Wie schrecklich!

Vor einiger Zeit habe ich Clemenceaus Leben gelesen. Clemenceau war Atheist und stellte sich als Präsident des französischen Ministerrats während des Ersten Weltkriegs unter verschiedenen Umständen mit großem Mut an die Front der Schlacht. Als er ein hohes Alter erreichte, saß er stundenlang still und konnte nicht aufhören, an den Tod zu denken. Er wusste genau, warum das so war.

Ein Katholik: Der hl. Aloyisus von Gonzaga wurde einmal gefragt – der im Noviziat der Gesellschaft Jesu eine Art Bowlingspiel spielte – was er tun würde – die Frage wurde auch allen Novizen gestellt – wenn er wüsste das innerhalb von fünfzehn Minuten Minuten das Ende der Welt kommen würde.

Einer sagte: „Ich würde aufhören zu spielen, um zu beten“; ein anderer sagte etwas anderes. Der hl. Aloysius sagte ruhig: „Ich würde weiterspielen.“ Das ist die Gelassenheit der gerechten Seele! Wie unterschiedlich ist das vom Ende Stalins.

Stellen wir uns vor, wie wunderbar! Das Ende der Welt beginnt, der hl. Aloysius sieht und merkt, wie alles anfängt zu wanken und zu beben. „So, jetzt können wir nicht mehr spielen. Lasst uns hinknien und auf den Menschensohn warten, der nun in all seiner Pracht und Majestät kommen wird!“

Das sind zwei verschiedene Wege zu sterben. Es ist gut, immer an sie zu denken.

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Aus dem Portugiesischen „Agonia e morte de Stalin“, Vortrag (SD) von Plinio Corrêa de Oliveira am 13. Januar 1975, ohne Revision des Autors.

Diese deutsche Fassung „Agonie und Tod Stalins“ erschien erstmals in www.p-c-o.blogspot.com

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