Plinio Corrêa de Oliveira

 

Lehrer, Prophet und Apostel in

der gegenwärtigen Krise

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Sollte mich jemand darum bitten, einen Standardapostel für unsere Zeit zu nennen, würde ich ohne zu zögern den Namen eines Missionars erwähnen, der im Jahre 1716 gestorben ist! Und wenn ich eine so überraschend verwirrende Antwort gebe, hätte ich das Gefühl, etwas vollkommen Natürliches zu tun. Denn bestimmte Männer, die in der Linie des Prophetischen stehen, befinden sich außerhalb der zeitlichen Umstände. 

Um es mit dem Propheten Elias zu veranschaulichen: Innerhalb von hundert Jahren werden wir, die wir heute leben, vom Ablauf der Zeit überwunden sein, wie es heute die Menschen sind, die vor hundert Jahren gelebt haben. Wir werden rückständig, anachronistisch und verschimmelt sein. In zweihundert, dreihundert Jahren werden wir mehr oder weniger so verkrustet im Reich des Todes, der Schatten und der Geschichte sein, wie die ägyptischen Mumien, die in den Räumen des British Museum auf den Tag des Jüngsten Gerichts warten. Und was kann man über unseren „Zustand“ in tausend Jahren sagen? Doch es gibt jemanden, der lebt, sehr lebendig ist, der das letzte Wort eines modernen Apostels sein wird, nicht heute, sondern am Weltuntergang, wenn wir in den totalsten Anachronismus versunken sein werden. Jemand, der viel frühere Tage gesehen hat als die des brasilianischen Kaisers Pedro II, Pius IX. und Napoleon III. Noch frühere als die von hl. König Ludwig, Karl dem Großen, Attila, Cäsar Augustus und Jesus Christus. Es ist der Prophet Elias, der moderne Apostel! Ja, und sehr modern, nicht weil von ihm geschrieben steht, dass er am Geist und Tendenzen der Menschen, die dann am Ende der Zeiten leben werden, teilnimmt, sondern weil er von Gott als der ideal geeignete Mann zur Erde gesandt sein wird, um die Korruption der Menschen frontal zu bekämpfen. Elias wird modern sein, nicht durch die Annahme des Zeitgeistes in den letzten Jahren der Weltgeschichte – „passt euch nicht der Welt an“ warnt der hl. Paulus -, sondern weil er aktualisiert und geeignet für die Zeit sein wird. Aktualisiert in dem Sinne, dass er fähig wird dieser Zeit „Gutes“ zu tun. Geeignet, in dem Sinne, dass er die adäquaten Mittel haben wird, sie zurechtzuweisen. Und aus diesem Grund wird er sehr modern sein. Denn modern heißt nicht unbedingt, dem Weltgeist ähnlich zu sein, sondern oft sogar das Gegenteil. Modern sein bedeutet für einen Apostel die Fähigkeit, Gutes zu tun in der Zeit, in der er lebt... 

Ohne einen Vergleich zu stellen zwischen dem hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort und dem Propheten Elias, der für eine offizielle Mission bestimmt ist, gibt es eine gewisse Analogie zwischen beiden. Denn in den Schriften des hl. Ludwig Grignion leuchten beeindruckende prophetische Lichter von rein privatem Wert. Und im Hinblick auf diese Analogie ist der französische Heilige ein Vorbild des Apostels für unsere Zeit und für die kommenden Jahrhunderte. 

Der hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort wurde 1673 in Montfort-sur-Meu, Frankreich, geboren. Er stammte aus einer armen Familie, die nicht die Mittel hatte, für die notwendigen Studien zum Priestertum aufzukommen, die er schon früh anstrebte. Er ging nach Paris, wo er an einigen Abenden der Woche sich als Leichenwärter in der Pfarrei St. Sulpice bedingte, um seine Unterkunft im Seminar zu bezahlen. Nach einem ausgezeichnet erfolgreichen Studium wurde er 1700 zum Priester geweiht. 

Angesichts des Ausmaßes der Schwierigkeiten, mit denen sein Apostolat in Frankreich konfrontiert war, und des Wunsches, den Heiden das Evangelium zu verkünden, ging der hl. Ludwig Maria nach Rom, um Clemens XI. eine Anweisung zu bitten. Der Papst veranlasste ihn, in seine Heimat zurückzukehren, um dort dem katholischen Volk zu predigen, das der Katechese und Erbauung benötigte. In den zehn Jahren, in denen der Heilige noch lebte, widmete er sich ganz dieser Tätigkeit und forderte insbesondere den Verzicht auf Lüsternheit und Weltgeist, die Liebe zur Buße und zum Kreuz und die kindliche Hingabe an Unsere Liebe Frau. Als Angehöriger des Dritten Ordens der Dominikaner verbreitete er weit und breit den Rosenkranz. 

Als Opfer der wütenden Angriffe von Calvinisten und Jansenisten war er Gegenstand strenger Maßnahmen einer kleinen Anzahl französischer Bischöfe, die ihn nicht als Missionar in ihren Diözesen haben wollten. 

Der Tod ereilte ihn, als er erst 43 Jahre alt war. 

Er gründete zwei religiöse Kongregationen: die Gesellschaft Mariens und die der Töchter der Weisheit. 

Unter seinen Schriften sticht die „Abhandlung von der wahren Andacht zur allerseligsten Jungfrau Maria“ hervor, eines der hervorragendsten Werke der Mariologie aller Zeiten und vielleicht das höchste. Dieses bewundernswerte Buch wurde von ihm als Manuskript hinterlassen, verschwand nach seinem Tod auf mysteriöse Weise und tauchte Mitte des 19. Jahrhunderts durch göttliche Fügung wieder auf. 

Er wurde von Leo XIII. 1888 seliggesprochen und Pius XII. schrieb ihn 1947 in den Katalog der Heiligen ein. 

Dies ist ein kurzer Überblick des Lebens dieses großen Heiligen. 

Wie viel Reichtum steckt in einer genaueren Untersuchung der Hauptaspekte dieses Lebens. 

Die Renaissance löste in Europa einen Hang nach Belustigung, Opulenz und sinnlichen Freuden aus, der die Geister stark dazu veranlasste, die Dinge des Himmels zu unterschätzen und sich viel mehr mit denen der Erde zu beschäftigen. Daher nahm im 15. und 16. Jahrhundert der Einfluss der Religion auf die Mentalität der Menschen und Gesellschaften erheblich ab. Zusätzlich zu dieser aufkommenden religiösen Gleichgültigkeit kam oft eine Abneigung gegen die Kirche dazu, die bei einigen diskret und kaum wahrnehmbar war, bei anderen ausgeprägter und bei einigen bis zur äußersten militanten Feindseligkeit. Ein solcher Geisteszustand trug wesentlich zum Ausbruch des Protestantismus und zu den unter Humanisten so häufigen Manifestationen von Rationalismus und Skeptizismus bei. Die Gleichgültigkeit brachte natürlicherweise auch das Freidenkertum hervor. 

Aber dieser Sauerteig griff nicht sofort die gesamte Gesellschaft an. Zunächst dominierten mit Unterstützung einer Reihe von Souveränen nur bestimmte Elemente mit hohem Einfluss auf das geistige Leben, den Adel und den Klerus. Allmählich erreichten sie jedoch die tieferen Gewebe des sozialen Körpers. Zur Zeit von hl. Ludwig Grignion kann man sagen, dass dieser Einfluss in allen Bereichen spürbar war: Die Politik war laizistisch geworden, die alte organische und christliche Gesellschaft wurde vom Absolutismus des neucäsarischen und neuheidnischen Staates halb verschluckt, der Einfluss der Religion auf das Leben aller sozialen Schichten hauptsächlich in den Eliten nahm ab, eine allgemeine Tendenz zu lockeren, „freien“ und leichteren Bräuchen verbreitete sich in allen Umgebungen, der Durst nach Vergnügen und Profit wuchs, der Geist der Welt drang sogar in eine Reihe religiöser Gemeinschaften ein, der Merkantilismus breitete seine Fangarme aus, um jede Existenz zu beherrschen. Im Allgemeinen war die damalige Lage der unserer Zeit sehr ähnlich. 

Beträchtliche Unterschiede

Wenn die Analogie jedoch tiefgreifend, offensichtlich und unbestreitbar ist, wäre es unmöglich, von dort zu einer absoluten Gleichsetzung überzugehen. Der Körper, in dem die Keime im 15., 16. und sogar 17. Jahrhundert wirkten, war immer noch die robuste Gestalt des alten Christentums, das im Mittelalter erzeugt wurde. Eine Reihe von Institutionen, mentalen Gewohnheiten, Traditionen, Bräuche und Gesetzen spiegelten immer noch den Geist der organischen und christlichen Gesellschaft von früher wider. Wenn die absolute Monarchie den modernen Sozialismus voraussagte, verkörperte sie sich dennoch in den Königen des Gottes-Gnadentums, die sich immer noch als die Väter ihrer Völker im guten alten Stil eines hl. Ludwig IX. betrachteten. Wenn auch das internationale Leben mit den Verträgen von Westfalen säkularisiert wurde, gab es jedoch immer noch Spuren einer Christenheit, einer Familie von Königen und christlichen Völkern, die das Bewusstsein hatten, ein Ganzes außerhalb der heidnischen Welt zu bilden. Wenn die Gesellschaft auch weltlich geprägt war, fanden religiöse Streitigkeiten - wie die zwischen Jesuiten und Jansenisten - eine Resonanz, die sie in unserer Zeit niemals haben würden. Wenn die Gewohnheiten an den Höfen und in Städten locker waren, so gab es doch zahlreiche und auffällige Ausnahmen. Selbst der Skandal auf dem Thron eines Ludwig XIV. wurde gewissermaßen gesühnt durch seine Bekehrung und seinen vorbildlichen Lebenswandel nach seiner Heirat mit Mme. de Maintenon und ebenso der Fall von Mlle. de La Valière durch ihre beispielhafte Buße im Karmel. Mme. de Montespan wiederum starb christlich, der Herzog von Burgund, Enkel von Ludwig XIV., zeichnete sich durch seine Frömmigkeit aus, und die königliche Familie konnte noch im 18. Jahrhundert, neben dem schändlichen Lebenswandel von Ludwig XV., das Beispiel aufweisen der ungewöhnlichen Tugenden von zwei seiner Kinder, des Kronprinzen Ludwig und der Karmelitin Mme. Louise de France, die im Ruf der Heiligkeit starben. Wie streng die Analogien zwischen dem 16. und dem 20. Jahrhundert auch sein mögen, wäre es offensichtlich übertrieben zu behaupten, das politische und soziale Leben sei damals vollständig oder fast vollständig laizisiert und heidnisch gewesen. 

In der Geschichte der Neuzeit, d.h. im 16., 17. und 18. Jahrhundert, erwiesen sich die aus dem Neu-Heidentum der Renaissance gebildeten Keime zweifelsohne als zunehmend stark, was zur immensen Explosion von 1789 führte. 

Vorläuferzeiten unserer Zeiten 

Wenn wir diese Tatsachen aus Sicht des Papstes Leo XIII. in der Enzyklika „Annum ingressi sumus“ (Beim Eintritt in das 25. Jahr) betrachten, war die Französische Revolution eine Folge des Protestantismus. Und jene brachte den Kommunismus hervor. Dem Egalitarismus und religiösen Liberalismus des Abtrünnigen Mönchs von Wittemberg folgten der Egalitarismus und der politisch-soziale Liberalismus der Träumer, Verschwörer und Mörder von 1789. Darauf folgte Marx´ totalitärer, sozialer und wirtschaftlicher Egalitarismus. 

Die protestantische Revolution war eine Vorläuferin der Französischen Revolution und diese des heutigen Kommunismus. Jede dieser Vorläuferformen enthielt bereits alle Giftstoffe, derer die ihr folgten. Es sind drei Seuchen, die nacheinander schwerwiegender sind, verursacht aber durch dasselbe Virus. Oder es sind drei nacheinander schwerwiegendere Phasen derselben Krankheit. Oder drei Stufen einer allumfassenden und universellen Revolution. 

Ein Prophet erscheint im Lauf der Revolution 

Der hl. Ludwig von Montfort war in diesem historischen Prozess ein wahrer Prophet. In einer Zeit, in der sich so viele berühmte Geister bezüglich der Situation der Kirche völlig unbesorgt fühlten und sich in einem lässigen, lauen, systematischen Optimismus wogen, lotete er mit einem Adlerblick die Tiefen der Gegenwart aus und sagte eine zukünftige religiöse Krise voraus, die an die Katastrophen denken lässt, denen die Kirche während der Revolution ausgesetzt wurde, d.h. die Einführung des staatlichen Säkularismus, die Errichtung der „konstitutionellen Kirche“, das Verbot des katholischen Gottesdienstes, die Anbetung der Göttin Vernunft, die Gefangenschaft und der Tod Papst Pius VI., die Massaker und Deportationen von Priestern und Ordensschwestern, die Einführung der Ehescheidung, die Beschlagnahme kirchlicher Güter usw. Mehr noch. Zu unserer Ermutigung und Freude prophezeite der Heilige einen großen und universellen Sieg der katholischen Religion in künftigen Tagen. 

Hammer der Revolution

Der hl. Ludwig war nicht nur ein Prophet, sondern auch Missionar und Kämpfer. Als Missionar bekämpfte er unerbittlich den neuheidnischen Geist und tat alles Mögliche, um die Gläubigen von der Weltlichkeit und allem, was den bösen Geist der Renaissance ausmachte, fernzuhalten. Die Region, die er evangelisierte, war so tiefgreifend gegen das Virus der Revolution immunisiert worden, dass sie mit Waffen in der Hand gegen die republikanische und antikatholische Regierung in Paris aufstand. Es war die Chouanerie. Wenn der heilige seine Missionstätigkeit auf ganz Frankreich ausgedehnt hätte, wäre die Geschichte dieses Landes wahrscheinlich anders gewesen und auch die Geschichte der Welt. 

Warum hat er Frankreich nicht ganz evangelisiert? 

Als sehr effizienter Redner predigte er das Wort Gottes mit außerordentlicher Unerschrockenheit. Dies brachte ihm den Hass ein, nicht nur der Calvinisten, sondern auch einer der verabscheuungswürdigsten und einflussreichsten Sekten, die jemals die Kirche infiltriert haben, der Jansenisten. Es würde weit führen, die vielfältigen und komplexen Gründe zu nennen, warum der Jansenismus mit seiner angeblichen Strenge ein authentisches Produkt der religiösen Krise des 16. Jahrhunderts ist. Sicher ist, dass diese Sekte, die einen bedauerlichen Einfluss auf viele Gläubige, Priester und sogar Bischöfe, Erzbischöfe und Kardinäle hatte, einer Linie von Gedanken und Handlungen folgte, die für die Wiederherstellung des religiösen Lebens äußerst schädlich waren, die Seelen von den Sakramenten entfernte und stark gegen die Verehrung Unserer Lieben Frau kämpfte. 

Im Gegensatz dazu hatte der hl. Ludwig eine leidenschaftlichste Andacht zur Heiligen Jungfrau und verfasste zu ihrem Lob die „Abhandlung von der wahren Andacht“, die heute die stärkste Grundlage aller tiefen marianischen Frömmigkeit darstellt. Andererseits brachte er aufgrund seiner Missionen die Menschen näher an die Sakramente heran, ereiferte sie zum Rosenkranzgebet, mit einem Wort, er schuf ein den Absichten der Jansenisten diametral entgegenwirkendes Werk. 

Dies brachte ihm in den eigenen katholischen Kreisen eine offene Verfolgung, die ihm die größten Demütigungen vorbereitete. Es ist erstaunlich, dass so viele Prälaten, Geistliche und Laien im Namen der Nächstenliebe über die gerechte Strenge des Heiligen Stuhls in Bezug auf die Jansenisten irritiert oder besorgt waren, aber sparten im Geringsten an Bestrafungen, Feindseligkeiten oder Demütigungen gegen den hl. Ludwig. Man kann sagen, dass er einer der meist verachtete und gedemütigte Heilige in diesen zwanzig Jahrhunderten des kirchlichen Lebens war. Schließlich durfte er nur in zwei Diözesen seine Missionstätigkeit ausüben. Aber der neue Ignatius von Loyola, ließ sich in Ruhe und Gelassenheit nicht abhalten von der Wucht der antikatholischen Wellen des Hasses gegen seine Person, die getarnt unter einem Mantel der Frömmigkeit über ihn einbrachen. Und gedemütigt bis zum Ende, kämpfte er bis zum Ende. 

Dieser außergewöhnliche Heilige hinterließ ein bewundernswertes Gebet, das spezielle Lehren und Lichter für unsere Zeit enthält, Gott um Missionare für seine Kongregation zu bitten. In diesem Monat Mai ist es nützlich, uns an die Engelgleiche Figur dieses hohen Paladins der Jungfrau zu erinnern. Im Juni, der dem Herzen Jesu geweiht ist, wollen wir sein bewundernswertes Gebet bringen und kommentieren. 

Wie wir in der nächsten Ausgabe zeigen möchten, sieht man in diesem Gebet, dass der hl. Ludwig Maria betrachtete seine Zeit als Vorläufer einer immensen Krise, die bis heute andauert und bis zur Errichtung des Königreichs Mariens andauern wird. Und er selbst erscheint uns als Vorbild der Apostel, die berufen werden, um in dieser Krise zu kämpfen und den Kampf für Maria zu gewinnen. Dies ist die erhabene und tiefgreifende Bedeutung des hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort für die Apostel unserer Zeit. 

Ein fruchtbares Meditationsthema in diesem Monat, in dem die Heilige Kirche zum ersten Mal - am 31. Mai - das Fest feiert, das den starken und zutiefst frommen Seelen so teuer ist, des Königtums Mariens. 

Aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in Catolicismo Nr. 53 – Mai 1955 – Doutor, Profeta e Apóstolo na crise contemporânea.

Die deutsche Fassung dieses Artikels ist erstmals erschienen in www.p-c-o.blogspot.com

© Veröffentlichung dieser deutschen Fassung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.

Plinio Corrêa de Oliveira zum 100. Geburtstag


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