Plinio Corrêa de Oliveira

 

Die Mittelmäßigen, die Mediokraten usw.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Ein Kommentar über Wahlausgang im Juni 1981 in Frankreich aus dem

Mitterand als Präsident hervorging, wegen der Mittemäßigkeit und Gleichgültigkeit

der Wählerschaft der Rechten und der Mitte.

Das Geistesleben der Mittelmäßigen beschränkt sich auf das Empfinden des Unmittelbaren – die Fülle des Tages, den bequemen Sessel, die Pantoffeln und den Fernseher – sein kleines Paradies geht darüber nicht hinaus.

An die Mitte und an die Rechte Frankreichs richtete ich die rügenden Fragen meines letzten Artikels – und das ist wichtig – den ich noch vor dem ersten Wahlgang zur Legislative geschrieben hatte.

Ich hatte jedoch nicht wahllos alle Mitglieder dieser Strömungen im Sinn. Die für die Mitterrand-Katastrophe verantwortlichen Zentristen und Rechten bilden eine große Seelenfamilie, die in einem vage „nicht-kommunistischen“ Lehrkontext (der sich aber dem Etikett antikommunistisch entzieht) fast ausschließlich die Mittelmäßigen vereint. Meine Rügen richteten sich daher speziell an die Mittelmäßigen der Mitte und der Rechten, einschließlich derer, die, obwohl sie nicht für Mitterrand gestimmt hatten, im Wahlkampf schwach, weich und sorglos waren.

* * *

Ich unterscheide hier zwischen mittelmäßige und durchschnittliche. Man hat das Recht, durchschnittlich zu sein, genauso wie man mit kräftiger oder gerade ausreichender persönlicher Ausstattung geboren werden kann.

Mittelmäßigkeit ist das Übel derer, die, ganz versunken sind in den Freuden der Faulheit und in die ausschließlichen Wonne dessen, was in Reichweite der Hand ist, durch die völlige Einschränkung des Unmittelbaren und aus der Stagnation den normalen Zustand ihres Daseins machen. Sie blicken nicht zurück: ihnen fehlt der Sinn für Geschichte. Sie blicken auch nicht nach vorne oder nach oben: sie analysieren und prognostizieren nicht. Sie sind zu faul, um zu abstrahieren, Syllogismen auszurichten, Schlussfolgerungen zu ziehen, Vermutungen anzustellen. Ihr Geistesleben beschränkt sich auf das Empfinden des Unmittelbaren – die Fülle des Tages, den bequemen Sessel, die Pantoffeln und den Fernseher – sein kleines Paradies geht nicht darüber hinaus.

En unsicheres Paradies, das sie mit allen Arten von Versicherungen zu schützen suchen: Lebens-, Gesundheits-, Feuer-, Unfallversicherungen usw. usw.

Der Mittelmäßige fühlt sich glücklicher, je mehr er merkt, dass sich alle Türen, die sich dem Abenteuer, dem Risiko, dem Glanz öffnen können – und damit auch zum Himmel des Glaubens, zu den weiten Horizonten der Abstraktion, den gewaltigen Höhenflügen der Logik und Kunst, zur Seelengröße, zum Heldentum – fest verschlossen sind. Durch das allgemeine Wahlrecht haben die Mittelmäßigen so viele Gesetze erlassen, so viele Verordnungen, so viele öffentliche Ämter eingeführt, dass kein Entkommen überlegener Seelen aus den Kämmerlein dieser organisierten Mittelmäßigkeit möglich ist. Ohne dies zu beabsichtigen, zwingen die Mittelmäßigen jedoch den Seelen mit weitem Horizont die Diktatur der Mittelmäßigkeit auf.

Wie alle Diktaturen verlängert sich diese nur wenn sie die sozialen Kommunikationsmedien monopolisieren. Immer mehr dringen die Mediokraten in Zeitungen, Zeitschriften, Radio und Fernsehen ein.

Und wenn es nur das wäre! Die Ökumene mit ihrem unermüdlichen und eitlen Geplapper ihres Dialogs ist ganz und gar die Religion der Mediokraten. Eine Art Versicherung oder Rückversicherung für Leben und Tod, durch die alle Religionen aufgefordert werden, im Chor zu sagen, dass die Menschen, ganz gleich mit welcher Religion, für ihre Gesundheit, ihre kleinen Geschäfte und ihre Sicherheit und auch nach dem Tod eine gute Beziehung zu Gott erreichen können.

Aus dieser Perspektive scheint es Gott gleichgültig zu sein, irgendeiner Religion zu folgen. Man kann Ihn sogar lästern und verfolgen. Man kann Ihn sogar verleugnen. Ihm sind alle Handlungen der Menschen gleichgültig. Olympisch gleichgültig. Ökumenisch gleichgültig. Ebenso wie die Mittelmäßigen ihrerseits, ob sie ein Kruzifix, einen Keramik- oder Porzelanbuddha oder ein Amulett an ihrem Schlaf- oder Arbeitsplatz haben oder nicht, sind sie Gott gegenüber olympisch gleichgültig.

In der relativistischen Atmosphäre der mittelmäßigen Kammerparadiese ist Gott – so das italienische Sprichwort – ein Wesen „con il quale o senza il quale il mondo rimane tale e quale“ (mit Ihm oder ohne Ihn, die Welt bleibt, wie sie ist)*.

Auch in dieser Perspektive würde Gott die Menschen mit gleicher Währung bezahlen. Man könnte dann sagen, dass die Menschheit für Ihn ein Ameisenhaufen (oder ein Schlangenknoten?) ist, „mit oder ohne der, (der Herrgott) bleibt wie er ist“.

* * *

So häufig bei den Rechten und in der Mitte, nicht nur in Frankreich, sondern auf der ganzen Welt, sind Medioktratie und religiöse Gleichgültigkeit eine logische Folge der einen und der anderen. Wie wiederum diese Gleichgültigkeit nichts anderes ist als eine Form des Atheismus. Der Atheismus derer, die Gott nicht ernst nehmen, ist radikaler (in gewissem Sinne) als selbst der, der konventionellen Atheisten. Diese, wenn sie den Beweis hätten, dass Gott existiert, würden sie Ihn hassen... oder vielleicht würden sie Ihm dienen... Aber auf jeden Fall würde sie Ihn ernst nehmen.

Diesem ökumenischen und relativistischen Atheismus entspricht eine spezifische Art des moralischen Verfalls.

Sinnlichkeit, im Wesentlichen atheistisch, ging einst Arm in Arm mit den erbittertsten Verrücktheiten des Luxus, mit den Skandalen der Prostitution, mit den Dramen des Verbrechens. Sie war auffällig, theatralisch, extravagant. Sie entsprach dem jubelnden und unverfrorenen Atheismus der revolutionären Massen des späten 18. und 19. Jahrhunderts, die mit dem Singen der „Marseillaise“, des „Çà-Ira“ oder der „Internationalen“ vibrierten.

Aber diese Lieder sind aus der Mode gekommen. Vielleicht würde ein Plutokrat sie als Symbol seiner Regierung übernehmen, den die Propaganda zur Leitung des Staates gehievt hätte, und der, um Demagogie zu machen, eines dieser Lider als musikalisches Präfix wählen würde.

Abweichungen solcher Figuren stehen auf der Tagesordnung.

Mitterrand zum Beispiel hat gerade die eigene Musik seiner Regierung übernommen. Er ist kein fauler Bourgeois, sondern ein Marxist „im Wind“. So übernahm er den von Lully komponierten Marsch der Dragoner des Regiments von Marschall-Herzog von Noailles...

Traditionssieg? Niemand täusche sich. Es ist offensichtliche Bestätigung der vorherrschenden Gleichgültigkeit. Alle Mängel an Logik, alle Widersprüche, die in der Vergangenheit (aus Protest) „gebrüllt hätten, sich zusammenzufinden“ (hurlent de se trouver ensemble), wandeln nun Arm in Arm im Zeichen der Mittelmäßigkeit und Gleichgültigkeit.

Nun war Giscards Regierung vor allem das Paradies all dieser Formen der Mittelmäßigkeit, die von einer Fraktion der Wählerschaft getragen wurde, die nichts anderes wollte.

Mit der Vorwahlperiode kam der Kampf. Die Mittelmäßigen verteidigten sich auf ihre Weise. Mittelmäßig. Keine Überzeugung, keine Kohärenz, keine Begeisterung, keine Durchschlagskraft. Was konnte ihnen passieren, außer zu verlieren?

Werden zumindest die mittelmäßigen anderer Länder von dieser Lektion profitieren? Ich fürchte nein. Denn wenn der Mittelmäßige etwas nicht tut, dann die Lektion des Nachbarn zu nutzen. Per Definition sieht er nur, was in seiner Nähe geschieht. Und sieht den heutigen Tag nur auf die Weise, wie ich sie oben beschrieben habe. 

*) Originalzitat im Italienischen: “La filosofia è quella cosa con la quale o senza la quale il mondo rimane tale e quale”.

„Die Philosophie ist etwas, mit der oder ohne sie die Welt bleibt, wie sie ist.“

Bild aus abim.inf.br

Aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in „Folha de S. Paulo“, 20. Juni 1981.

© Nachdruck der deutschen Fassung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.

„Die Mittelmäßigen, die Mediokraten usw.“ erschien erstmals in deutscher Sprache in www.p-c-o.blogspot.com


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